Preisträgerinnen und Preisträger 2009

Bilderbuch

Heinz Janisch / Wolf Erlbruch
Der König und das Meer

Sanssouci 2008
48 Seiten
10,30 Euro
ab 4 Jahren

Die Machtfülle eines Königs ausspielen zu können, hat seine Reize. "Spiel für mich!", heißt es da zum Beispiel gegenüber der Trompete: "Ich befehle es dir." Doch die Trompete verweigert sich dem naiven Allmachtsanspruch des Königs, der an ein kleines Kind erinnert. Da hilft auch die Krone nichts. Aber auch der Geist, die Biene, der Regen, der Stern, die Wolken, der Hund und sogar der Bleistift zeigen sich seltsam widerständig und stellen die Weltsicht des Königs auf die Probe. In literarischen Miniaturen folgt Heinz Janisch dem kleinen König, blickt mit Moral und Wehmut auf ihn und die Welt, die ihn umgibt. Wolf Erlbruch verschafft diesem liebevollen Blick den nötigen Raum. Mit wenigen gestalterischen Details erfasst er die Eigenwilligkeit des Königs und ermöglicht es der in mannigfacher Variation auf weißen Hintergrund collagierten Figur, in eine ganz besondere Beziehung zu den Requisiten, Figuren und Ereignissen zu treten. Aus der sprachlichen und grafischen Reduktion heraus entsteht nach und nach jener Erkenntnisraum, der den Blick des Königs weg von seiner Krone und hin zu den kleinen Wundern der Welt lenkt, mit denen er zunehmend in Dialog tritt. Am sonnigen Meeresstrand nimmt der König seine Krone vom Kopf und legt sie in den Sand. "Dann sprang er mit einem lauten Lachen ins Blau."

Kinderbuch

Heinz Janisch / Linda Wolfsgruber
Finns Land

Hanser 2008
32 Seiten
13,30 Euro
ab 5 Jahren

Seit Finn Finnland auf der Landkarte entdeckt hat, redet er nur noch davon. Zum Beispiel: "In Finnland ist es nie kalt." Oder aber: "In Finnland haben sie sicher Brot mit Erdbeergeschmack." Und: "In Finnland verbeugen sich die Bäume, wenn ein Bär vorbeigeht." Voller Respekt und Humor bildet Heinz Janisch mit feinsinnigem Sprachgefühl die Manie eines Kindes ab, das sich mit größter Hingabe in seinen Träumen verliert. Finns Leidenschaft für ein Land, von dem er allenfalls eine vage Vorstellung hat, steht somit beispielhaft für eine kindliche Sicht auf die Welt, die ihre schillernde Stofflichkeit aus einer Mixtur von Neugierde, Begeisterungsfähigkeit und unscharfem Halbwissen bezieht. Linda Wolfsgrubers zartbunte Collagen verleihen den lustvollen Gedankenreisen noch breiteren Raum. In assoziativer Arbeitsweise und mit leichtfüßigem Witz erschafft sie verträumte Bilderwelten, in denen das Unmögliche möglich wird. Verzerrte Perspektiven und flächige Raumkonstruktionen bringen Finns surreale Vorstellungen ebenso klug auf das Papier, wie die zahllosen Details und amüsanten Einsprengsel den Humor nicht zu kurz kommen lassen. In Finnland, das wird nach der Lektüre dieses Kinderbuches endgültig klar, ist alles möglich. Nur: "Wie eng ist es eigentlich in England?"

Albert Wendt / Christian Hochmeister
Betti Kettenhemd

Jungbrunnen 2008
120 Seiten
13,90 Euro
ab 9 Jahren

Bettina ist ein ängstliches Mädchen, bis sie einem riesigen Hund namens Schwarzer Mülleimer begegnet, ihn aus einer misslichen Lage befreit und – mit der Hundekette um ihren Körper – eine unbeschwerte, mutige "Betti Kettenhemd" wird. Zusammen mit dem Hund läuft sie glücklich und leicht über die Felder und ruft dabei "Liselotte, Karotte! Piccolomini! Kikeriki!" Sie führt den Freizeitjäger Müller-Meckel an der Nase herum und lernt vom Rebhuhn Tek-Tek viel über die Natur. Es ist ein Leben wie im Paradies – bis der Schwarze Mülleimer spurlos verschwindet. Betti sinkt in eine tiefe Traurigkeit, die sie fast umbringt. Dass sie überlebt, hat mit ihren Freunden zu tun, mit Tek-Tek und drei alten Männern. "Manchmal, Kinder", lehrt uns einer von ihnen, "ist es das Höchste, einfach nicht kaputt zu gehen." Albert Wendt hat eine wunderbare Figur geschaffen, die in der kinderliterarischen Tradition der elternlosen "wilden" Kinder ihren Platz hat. Und er erzählt die paradiesische Geschichte samt drohender Vertreibung mit dem Mut zu großen Gefühlen und in einer Sprache, die so eigen ist wie die Heldin selbst: unbändig und zugleich zärtlich, bezaubernd und voller Überraschungen. Christian Hochmeister illustriert den Text eindrucksvoll mit starkem, schwarzem Strich, er unterstreicht Bewegung und Dynamik und ist zugleich höchst zurückhaltend.

Sachbuch

Michael Stavarič / Renate Habinger
BieBu oder Ameisen haben vom Blütenbestäuben wirklich keine Ahnung!

Residenz 2008
36 Seiten
14,90 Euro
ab 5 Jahren

Mit Selbstbewusstsein und Witz präsentiert sich dieses in Text und Bild unorthodoxe Sachbuch, das überaus erfrischend Wissenswertes und Kurioses aus der Welt der Insekten offenbart: "Es war im Frühjahr ..." In eben jenem Frühjahr, an das sich Libelle Labella erinnert, ist etwas faul im Bienenstaat. Die Bienen sind verschnupft und allseits herrscht Katzenjammer, denn ohne die Arbeit der Bienen sieht die Zukunft düster aus. Um das Schlimmste zu verhindern, werden sofort alle Bewohner aus dem Wiesenkosmos zusammengetrommelt und starten zum – letztendlich erfolgreichen – Bestäubungsmarathon. Augenzwinkernd und voller Sprachspielereien entfaltet sich die ganze Dramatik der Beinahe-Katastrophe, in der immer wieder Informationsschnipsel, Liedzeilen oder Sprüche aufblitzen. Das wunderbare Sammelsurium an dynamischen Handlungsfragmenten, kleinen Dialogen und Naturbeobachtungen ist ebenso unkonventionell wie fantasievoll illustriert. In den teils von Herbarien inspirierten Bildkompositionen tummelt sich unter- wie oberirdisch das detailreich in Szene gesetzte Wiesenvolk, das sich als verschworene und durchorganisierte Gemeinschaft entpuppt. Ein von der ersten bis zur letzten Seite klug und souverän gestaltetes Buch.