Preisträgerinnen und Preisträger 2021
Heinz Janisch, Michael Roher: Jaguar Zebra Nerz. Ein Jahresbuch
Tyrolia Verlag 2020
32 Seiten
€ 16,95
Ab 6 Jahren
Mit viel Poesie und Feingefühl geht es in diesem faszinierenden Bilderbuch durch das Jahr. Fühlt sich das erzählende Ich im Monat Jaguar groß und stark, macht es sich im Auerochs das Leben schwer. Der Monat Zebra ist eine gute Zeit für Entdeckungen, der Nerz wiederum für Berührungen. Jede Doppelseite bildet einen eigenen Kosmos, imaginiert phantastische Situationen, spielt mit Einfällen und Motiven. Da passieren allerlei wundersame Dinge, nicht nur im Monat Locktauber, in dem die Vögel sprechen können. Angeregt durch das Gedicht „Wie sich das Galgenkind die Monatsnamen merkt“ von Christian Morgenstern, das alle Monatsnamen durch ähnlich klingende Tiernamen ersetzt, werden hier Gefühle, Sinneseindrücke und Erlebnisse in stimmungsvollen Texten und großflächig-farbstarken Bildern eingefangen. Ihre Vielfalt zeigt auf unaufdringliche Weise, wie reich ein Leben sein kann und wie verschieden die Zeiten. Mal ist man kuschelig, dann wieder stachlig, mal laut, dann still, einmal ist man ganz leichtfüßig, dann hat man wie im Muli viel zu tragen. Und alles gehört zusammen. Ein inspirierendes Jahresbuch zum Immer-Wieder-Anschauen und Vorlesen.
Franz Orghandl, Theresa Strozyk: Der Katze ist es ganz egal
Klett Kinderbuch 2020
104 Seiten
€ 13,40
Ab 9 Jahren
Sagt man „Stiegenhaus“ oder „Treppenhaus“? Verbietet man jemandem die „Goschn“ oder das „Maul“? Werden die Süßigkeiten in einem „Naschkasterl“ oder in einem „Schränkchen voll Süßkram“ versteckt? Feine (sprachliche) Unterschiede können große Wirkungen erzeugen. Und den Wiener*innen ist das ganz und gar nicht egal. Denn in deren Stadt spielt Franz Orghandls Kinderroman, in dem Sprachvarietät genussvoll hochgehalten und damit eindrücklich demonstriert wird, wie Sprache unser aller Leben bereichern oder völlig neu definieren kann. Davon kann auch die Hauptfigur dieser humorvollen wie flotten Erzählung ein Lied singen, da diese am Morgen als Leo zur Schule geht und nach einem abenteuerlichen Tag als Jennifer wieder nach Hause kommt. Dass man dafür eine ordentliche Portion Mut, gute Freund*innen und gehaltvolle Dialoge braucht, versteht sich von selbst. Mit viel Wortwitz, grafischer Raffinesse, zielsicherer Situationskomik und rotzfrechen Illustrationen wird das Thema Transgender schon für junge Leser*innen zu einem aufschlussreichen wie humorigen Lektüreerlebnis. Feinfühlig im Umgang mit einem kindlichen Entwicklungsprozess und schmackhaft kreiert wie ein ordentliches „Erdäpfelgröstl“.
Elisabeth Steinkellner, Anna Gusella: Papierklavier
Beltz & Gelberg 2020
140 Seiten
€ 15,40
Ab 15 Jahren
Hoch erhobenen Hauptes entzieht sich die 16-jährige Maia jenen gesellschaftlichen Normierungen, die herkömmliche Schönheitsideale oder ein traditionelles rollenspezifisches Verhalten vorgeben. Um speziellen Dresscodes zu folgen, ist ohnedies zu wenig Geld da. Ihre alleinerziehende Mutter tut zwar alles, um sich und die drei Töchter über Wasser zu halten, es reicht aber trotzdem hinten und vorne nicht. Doch allen schwierigen Rahmenbedingungen zum Trotz gelingt es Maia, ein geglücktes Leben zu führen – weil sie nicht allein ist, sondern Freunde hat, auf die sie zählen kann. In formal außergewöhnlicher Form erzählt dieses Tagebuch von weiblicher Pubertät in all ihren Widersprüchlichkeiten. Der präzise formulierte Text bleibt in seinem Tonfall vordergründig eher zurückhaltend, während die wild anmutenden schwarz-türkisen Kreideillustrationen und Schriftzüge viel Raum in Anspruch nehmen, Seitengrenzen sprengen, Maias Gefühle mit einer vielgestaltigen, lauten Bildsprache in starke Emotionen übersetzen. Zusammen ergeben die in Handschrift gesetzten Worte und die Zeichnungen eine starke Stimme für mehr Diversität und ein Manifest dafür, „sich wohlzufühlen in der eigenen Haut, im eigenen Leben, auch, wenn es nicht der Norm entspricht. Wo, wenn nicht hier. Wer, wenn nicht wir.“
Linda Wolfsgruber: Die kleine Waldfibel
Kunstanstifter Verlag 2020
144 Seiten
€ 24,70
Für alle
Es gibt Bücher, die wir genüsslich lesen und schließlich der besten Freundin schenken. Bücher, die wir wie ein Geheimnis behandeln. Bücher, die wir immer mit uns herumtragen. „Die kleine Waldfibel“ vereint all diese besonderen Bücher in einem faszinierend schön gestalteten Buchkunstwerk, das uns durch das ganze Jahr begleitet: „Im Frühling leuchtet der Wald von hellgrün bis dunkelgrün. Die Blätter der Laubbäume fangen an zu wachsen. (…) Jetzt im Winter ruht der Wald bis zum Frühling und dann beginnt der Kreislauf der Natur wieder von neuem.“ Das poetische Sachbuch mit den beiden wunderbar borkig gestalteten Buchdeckeln, kann auf vielfältige Weise gelesen werden: Als Nachschlagewerk, wenn man einen spezifischen Baum besser kennenlernen, als Vorlesebuch, wenn man Gedichte von Hilde Domin, Heinz Janisch, Rose Ausländer oder Christian Morgenstern lesen, als grafischen Ideenspender, wenn man Bäume selbst skizzieren möchte. Linda Wolfsgruber hat mit ihrem naturwissenschaftlichen und zugleich einfühlsamen Blick auf den Wald eine Fibel im besten Sinne des Wortes kreiert, die man bestimmt zweimal besorgen muss: einmal für sich und einmal für die beste Freundin.