Über die Arbeit an den Preisbüchern 2023
Fuchs, Pilz, Elster, Maulwurf und die Ameisen
Melanie Laibl und Nele Brönner über ihre Arbeit an „Superglitzer“
„Du-hu, Fuchs?“ – „Ja, lieber Pilz?“ – „Wie hat das eigentlich angefangen?“ – „Du meinst, mit uns?“ – „Genau. Mit dir und mir und der Elster und dem Maulwurf und den Ameisen und …“ – „Stopp! Hab’s schon kapiert. Das Ding war zuerst da.“ – „Krass!“ – „Weil das eine Trampeltier damit ständig im Wald rumläuft. Da hat es sich vorgestellt, was passieren würde, wenn das Ding mal verloren geht.“ – „Zum Beispiel auf unserer Lichtung.“ – „Und wer es dann finden würde.“ – „Zum Beispiel die Elster.“ – „Klassisch, wegen des Glitzerfimmels. Daraus hat das Trampeltier dann eine Geschichte gemacht, für ein Buch mit Bildern.“ – „Bilderbuch!“ – „Sag ich doch! Jedenfalls viel Tippen und Löschen und nochmal von vorne und mehr und andere Trampeltierzeichen.“ – „Stark.“ – „Total. Dauert offenbar ewig, bis alles passt, mit der Fantasie. Aber irgendwann waren wir dann da. Als Vorstellung halt, aber trotzdem irgendwie schon echt.“ – „So richtig echt hat uns dann das andere Trampeltier gemacht, nicht wahr? Das mit den Formen und Farben.“ – „Richtig tolle, knallige Farben. Und auch noch mal Fantasie oben drauf. Und die Idee, das Buch als Comic zu machen.“ – „Comic-Bilderbuch!“ – „Sag ich doch! Dann ging es hin und her mit Skizzen und Skypen und FaceTimen und Farbfächer.“ – „Toll, was du für Wörter kennst, lieber Fuchs! Glaubst du, wir sollen den Maulwurf auch mal was sagen lassen?“ – „Nö.“ – „Die Ameisen vielleicht?“ – „Die haben doch eh ständig die Klappe offen. Reden wir lieber über die Pizza.“ – „Ich dachte, wir wollen nicht spoilern.“ – „Sorry. Jedenfalls hätte die Geschichte eigentlich mit der Pizza enden sollen, aber dann ist sie noch weitergewachsen. Das nennt man Kreativität.“ – „OMG.“ – „Mindestens. Trampeltier zwei hat sich mächtig ins Zeug gelegt, dass wir so cool daherkommen wie wir nun mal sind. Ich meine, schau, wie ausgefuchst ich bin.“ – „Jetzt tu nicht so als wärst du die Hauptperson, Foxy. Zähl mal uns Pilze im Buch oder die Blätter …“ – „Reg dich ab, lieber Pilz. Wir sind alle Stars in dieser Geschichte, weil uns die zwei Trampeltiere total lieben.“ – „Moment, jetzt kommt doch noch die Elster.“ – „Was sagst du denn zu alledem, du Vogel?“ – „SUPERGLITZER!“ – „Klassisch.“
Eine Einladung, über seine Kräfte und Fähigkeiten nachzudenken
Heinz Janisch über seine Arbeit an „Schneelöwe“
Ich durfte mit Michael Roher 2020 das Bilderbuch „Jaguar Zebra Nerz“ gestalten, in dem wir ungewöhnlichen Monatsnamen aus einem Gedicht von Christian Morgenstern nachspüren: Wie geht es mir im Monat Jaguar? Wie verhalte ich mich im Monat Zebra? Was mache ich im Monat Zehenbär? Das Buch war Ausgangspunkt für viele Lesungen und Workshops – manchmal gemeinsam mit Michael –, in denen Kinder ihre eigenen Monate in Wort und Bild vorstellten: Im Monat Faultier wurde viel geschlafen, im Monat Glühwürmchen konnte man in der Dunkelheit leuchten, im Monat Gepard war man schnell und geschmeidig, im Monat Schmetterling war man leicht … Dieser Blick auf innere „Seelentiere“, auf Stimmungen und Gefühlslagen hat mich fasziniert. So ist der Text zum Buch „Schneelöwe“ entstanden. „Ich bin ein weißer Schneelöwe“, der Satz stand plötzlich auf dem Papier, als klare Ich-Behauptung eines Jungen.
Ich habe dann im Text versucht, dieser Behauptung nachzugehen. Wo wird dieser Schneelöwe spürbar? Wie wird diese innere Kraft sichtbar? Michael Roher hat das Buch wunderbar illustriert, jedes Bild ist ein Erlebnis für sich. Dass man an einer Stelle das Bild aufklappen kann und der innere Schneelöwe sich zeigt – das sorgt bei Lesungen immer wieder für Staunen. Auch mit diesem Buch habe ich bei Lesungen und Workshops Schönes erfahren: „Ich bin ein Adler. Ich sehe alles“, sagte ein kleiner Junge stolz. „Ich bin ein starker Gorilla“, schrieb ein schüchtern wirkendes Mädchen und zeichnete einen Gorilla dazu, der Felsblöcke hochheben konnte. Ich sehe das Buch als Einladung, über die Kräfte und Fähigkeiten nachzudenken, die in einem selbst schlummern könnten.
Die Farbe Blau
Michael Roher über seine Arbeit an „Schneelöwe“
Ich kann mich noch gut an den Moment erinnern, als mir Heinz Janisch von seinem Text „Schneelöwe“ erzählt hat. In gewisser Weise war er für uns beide wie die Fortführung eines Gedankens, der mit unserem ersten gemeinsamen Projekt „Jaguar Zebra Nerz“ seinen Ausgangspunkt genommen hatte: eine Art Innenschau, eine Befindlichkeitsaufnahme in Zusammenhang mit einem (oder mehreren) Tier(en). Für mich war klar, dass das Projekt illustratorisch trotzdem eigenständig sein, sich also stilistisch von „Jaguar Zebra Nerz“ unterscheiden sollte. Interessanterweise war das Erste, was mir beim Lesen des Textes in den Kopf kam, die Farbe Blau.
Davon ausgehend habe ich dann Überlegungen hinsichtlich der Technik angestellt – Cyanotypie, Tinte und Tintenkiller oder Monotypie? Letztendlich bin ich beim Kugelschreiber gelandet – zum einen, weil ich mich im Grafischen sehr zuhause fühle, aber auch, weil es mich interessiert hat auszuloten, was mit einem Schreibwerkzeug, das allgegenwärtig und in jedem Haushalt vorhanden ist, hinsichtlich Schattierungen und Textur so möglich ist. Die Geschichte kreist ja viel um die verborgenen (tierischen) Eigenschaften in jedem und jeder von uns. Insofern ging es im Weiteren für mich darum, wie man dieses Innen und Außen darstellen bzw. die einzelnen Tiere in den unterschiedlichen Figuren erkennbar machen kann: anhand von Fußspuren, Schatten, Silhouetten ...
Besonders schön finde ich, dass der Verlag es möglich gemacht hat, an der Stelle, an welcher der Ich-Erzähler für einen Augenblick sein inneres Tier offenbart, eine Doppelseite mit Klappen einzubauen. Damit ist es fast wie ein geheimnisvolles Hinter-die-Kulissen-Schauen, wenn der oder die Leser:in tatsächlich einen Blick auf den weißen Schneelöwen erhascht. Wie so oft, war auch beim „Schneelöwen“ die Anfangsphase für mich die größte Herausforderung. Eine Bildsprache zu finden, die Ideen zu Kompositionen und Bildinhalten zu sammeln und sich mit dem Werkzeug Kugelschreiber auseinanderzusetzen. Insgesamt war es für mich ein sehr spannendes Projekt, bei dem ich wieder einiges an Erfahrung sammeln konnte.
Gedichte entstehen unauffällig
Michael Hammerschmid über seine Arbeit an „wer als erster“
Gedichte entstehen unauffällig. Zur Unzeit oder zu Zeiten der Nacht, in der Früh, beim Schreiben von „wer als erster“ oft in der Früh, auf dem Weg, im Gehen, im Liegen, Gedichte entstehen unauffällig. Erwartet, erhofft, unverhofft, unbequem, beim An-sie-Denken, beim An-ihnen-vorbei-Denken, plötzlich. Erarbeitet, in Reinschrift. Gedichte entstehen unauffällig. In täglicher Konzentration, ins Schreibheft, mit Bleistift, vorsichtig, und rückhaltlos wichtig, mit Vorstellung, ohne Vorstellung, mit Vorstellung einer Vorstellung, im Kopf, ständig, mit Pausen, wer als erster?
„wer als erster“ bestand ursprünglich aus einem großen, in langer Arbeit geschriebenen Manuskript, aus dem ich den Band extrahiert habe. Es ist sozusagen das Produkt einer Blütenlese. „wer als erster“ verbinde ich mit der Freiheit, mir ein Buch und seine Gestalt wünschen zu dürfen, wie es mir die damalige Leiterin des Jungbrunnen-Verlags, Hildegard Gärtner, großzügig freigestellt hat. Ein Wunschbuch. Dass María José de Tellería es dann mit Bildern erweitert und zu seiner eigentlichen aktuellen, bunten Gestalt gemalt hat, war für mich ein Glücksfall. Denn ihre Bilder empfinde ich als im Innersten poetisch und von poetischer Freiheit getragen. Und sie geben mir auch die Freiheit, bei Lesungen nicht nur meine Gedichte, sondern auch María Josés Bilder zu lesen, und so sind Bild und Gedicht schon im Dialog, in den die Kinder und die Erwachsenen dann meist auch gerne einsteigen.
Am Universellen und am Besonderen arbeiten
María José de Tellería über ihre Arbeit an „wer als erster“
Die in „wer als erster“ enthaltenen Gedichte von Michael Hammerschmid wurden mir von der Verlegerin Hildegard Gärtner vom Verlag Jungbrunnen im Jahr 2021 zugeschickt. Wir hatten einander auf der Buchmesse in Bologna 2016 kennengelernt, das war schon eine ganze Weile her, und es war eine schöne Überraschung für mich, dass sie sich an meine Arbeit erinnerte. Ich danke ihr für ihre Unterstützung und ihr Vertrauen.
Dieses Buch zu illustrieren, stellte eine doppelte Herausforderung dar: zunächst deshalb, weil es Lyrik ist und die Sprache die Bedeutung verändern kann; aber auch deshalb, weil ich darüber nachdenken musste, welche Unterschiede zwischen den Kindern Argentiniens und jenen Österreichs bestehen mochten. Ich arbeitete an den Entwürfen und wir tauschten einige Ideen über E-Mails aus. Die Gedichte sind schön und behandeln universelle Themen. Irgendwie habe ich an sie als Lieder gedacht, mit ihrem Rhythmus, ihren Refrains und ihren Wiederholungen. Für die Illustration beschloss ich, alternierend mit Tieren und Menschen zu arbeiten und so dem Text Farbe und Leben zu verleihen. Jedes Gedicht stellt ein besonderes und persönliches Thema dar, und diesen Charakter wollte ich mit den Bildern bewahren, zugleich am Universellen und am Besonderen arbeiten.
Los poemas de „wer als erster“ escritos por Michael Hammerschmid me fueron enviados por la editora Hildegard Gärtner, de la editorial Jungbrunnen, en el año 2021. Nos habíamos conocido en la Feria del Libro de Bolonia en 2016, hace ya mucho tiempo, y fue una grata sorpresa que se acordara de mi trabajo. Le agradezco su apoyo y su confianza. El reto era doble al ilustrar este libro; por un lado, porque es poesía, y el lenguaje puede cambiar el significado; y también por pensar qué diferencias puede haber entre los niños de Argentina y los de Austria. Trabajé en los bocetos y conversamos algunas ideas por correo electrónico. Los poemas son hermosos y tienen temas universales. De alguna manera, siempre pensé en ellos como canciones, con su ritmo, estribillos y repeticiones. Para ilustrarlos decidí trabajar con animales y personas alternativamente, buscando dar color y vida al texto. Cada poema representa un tema personal y particular, y quise mantenerlo así con las imágenes. Trabajar lo universal y lo particular al mismo tiempo.
Ein sehr großes Blatt Papier an der Wand
Nini Spagl über ihre Arbeit an „Ein Baum kommt selten allein“
Die Idee, gemeinsam ein Buch zu machen, hat schon länger bestanden. Mit „Ein Baum kommt selten allein“ war es endlich soweit! Bäume waren lange Zeit ein Wunschthema von mir. Um gemeinsam Ideen zu sammeln und ein Konzept zu entwickeln, hat uns ein sehr großes Blatt Papier an der Wand in meinem Wohnzimmer geholfen. Dieses wurde im Laufe unserer Treffen immer dichter und thematisch vielfältiger.
Nachdem Elisabeth Etz die ersten Kapitel verfasst hatte, habe ich begonnen, am Storyboard für das Buch zu arbeiten. Der Text wird ausgedruckt und zerschnitten, um ihn in etwa gleich lange, kleine Pakete zu packen und dann auf Papierbögen im Format des Buchs zu kleben. Das hilft mir, eine Vorstellung dafür zu bekommen, welchen Umfang die jeweiligen Kapitel haben, wieviel Platz auf den Seiten zur Gestaltung vorhanden ist und was ich abbilden möchte. Erste Entwürfe und Skizzen werden mit Bleistift direkt ins Storyboard gezeichnet.
Nach den ersten Skizzen wird digital weitergearbeitet. Um einen leichten Einstieg zu finden und einen Stil für das Buch zu entwickeln, beginne ich beim Zeichnen immer mit etwas, das beim Lesen meine Aufmerksamkeit geweckt hat. Da ich mich gleich mit den Tieren angefreundet habe, die die Leser:innen durch das Buch begleiten, waren sie die ersten, die fertig waren. Diese liebgewonnenen Begleiter haben mich dann bei der weiteren Arbeit am Buch unterstützt!