Preisträgerinnen und Preisträger 2020
Frauke Angel, Julia Dürr: Disco!
Jungbrunnen Verlag 2019
26 Seiten
15,00 Euro
Ab 4 Jahren
Im Kindergarten Disco zu machen ist super. Man bringt allerlei bunte Dinge sowie gute Laune mit und wirft sich so richtig in Schale. Wenn dir deine beste Freundin zu diesem Anlass auch noch ihr rosa Nachthemd schenkt und du sie dafür zum nächsten Fußballspiel einlädst, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen, oder? "Aber Eddies Papa sagt, Fußball ist nichts für Mädchen. Und auch, dass ich den albernen Fummel ausziehen soll, weil ihm sonst übel wird." Ein typischer Spielverderber, dieser Papa, allerdings in einem Bilderbuch, das auf humorvolle und farbenfrohe Weise die Frage aufwirft, ob Jungen wirklich keine rosa Kleidung tragen dürfen. Mit einer Vielzahl an Gestaltungsmitteln – Speedlines, Collagetechnik, Schreibschrift – und einer äußerst zeitgemäßen Figurenzeichnung bringen die Illustrationen jene Emotion ins Buch, dank derer das Thema Geschlechterrollen auf erfrischende Weise schon mit ganz jungen Leserinnen und Lesern besprochen werden kann.
Leonora Leitl: Einmal wirst du …
Tyrolia Verlag 2019
64 Seiten
16,95 Euro
Ab 8 Jahren
"Wie wird das einmal sein?" Die oberösterreichische Künstlerin Leonora Leitl stellt in ihrem kaleidoskopischen Bilderbuch Fragen, die viele Heranwachsende beschäftigen. Manche, wie zum Beispiel "Macht es glücklich, viel zu besitzen?", beziehen sich auf individuelle Werte, manche auf allgemeine Weltbilder: "Ist es wichtig, welche Hautfarbe man hat?" Einige sind lebenslang wichtig – "Ist es immer gut, so zu sein wie alle anderen?" – andere nur für eine bestimmte Zeit. Sie beschäftigen sich mit sehr komplexen Themen oder mit ganz kleinen. Das Buch gibt grundsätzlich keine Antworten auf diese Fragen. Nur die allerletzte Frage – "Wirst du immer bei mir bleiben?" – wird mit "Ja" beantwortet. Denn so viel ist gewiss in diesem fiktiven Gespräch zwischen Erwachsenem und Kind. Die ganzseitigen Illustrationen – stark konturierte Figuren auf weißem Hintergrund, die dem fragenden Satz gegenübergestellt sind – geben dem Text oft auch einen unvermuteten Dreh. Und so entsteht ein Bilderbuch zum Immer-wieder-gemeinsam-Anschauen, das in seiner fokussierten Reduktion Raum lässt zum Nachdenken und Reden über Wünsche und Ziele, Hoffnungen und Ängste.
Agnes Ofner: Nicht so das Bilderbuchmädchen
Jungbrunnen Verlag 2019
180 Seiten
17,00 Euro
Ab 12 Jahren
"Zara sitzt im Dunkeln und beobachtet den Jungen von gegenüber dabei, wie er weint." In der Folge entwickelt sich zwischen ihr und Sam über die Straße hinweg eine ganz besondere Kommunikation: Sie erzählen einander auf Plakaten von Fenster zu Fenster stichwortartig von ihrem Tag. Abends unterhalten sie sich, tagsüber leben sie ihre Leben getrennt voneinander. Sam kämpft um die Freundschaft zu Sophie, Zara durchlebt alle Höhen und Tiefen der ersten Verliebtheit. Während es bei ihr immer besser läuft, fühlt sich für Sam alles immer auswegloser an. In dieser berührenden Geschichte geht es um Geschlechterrollen und -bilder und darum, wie es ist, mitten in der Pubertät zu sein und mehr Fragen als Antworten zu haben. Die Perspektiven von Zara und Sam wechseln einander ab, wobei ihre sehr unterschiedliche Weltsicht glaubwürdig deutlich wird. Agnes Ofner beherrscht sowohl den Tonfall von Sams Ernsthaftigkeit als auch Zaras Leichtigkeit, die mit Sätzen voller Komik und Selbstironie daherkommt. Ein beeindruckendes jugendliterarisches Debüt, mit klug gebauter Handlung, starken Bildern und sprachlicher Finesse. Und einer recht überraschenden Wendung am Schluss.
Hannes Wirlinger, Ulrike Möltgen: Der Vogelschorsch
Jacoby & Stuart Verlag 2019
304 Seiten
18,50 Euro
Ab 14 Jahren
"Die besonderen unter den Menschen suchen einen wie ein warmer Mairegen Tropfen für Tropfen heim. Sie graben sich wie kunstvolle Gravuren unauslöschlich in unser Gedächtnis. Solche Menschen vergisst man sein ganzes Leben nicht. So ein herausragender Mensch war für mich der Vogelschorsch." Mit diesen poetischen Worten beginnt dieser auch auf der Buchgestaltungsebene außergewöhnlich und illustratorisch stimmungsvoll entworfene Roman, der eine eigentümliche Beziehung zwischen zwei sehr unterschiedlichen Jugendlichen in die oberösterreichische Provinz der 1980er-Jahre und in die sich auf wunderbare Weise dehnenden Sommerferien setzt. Nicht weniger besonders als die tragische Figur des Vogelschorsch sowie die teils unzerbrechlich starke und manchmal stark zerbrechliche Ich-Erzählerin Lena ist Hannes Wirlingers Sprachform, mit der er einerseits malerisch zeitlos und andererseits zeitgemäß rotzfrech erzählt. Am Ende ist der Roman nicht nur tragisch, wie der Vogelschorsch es ist, sondern auch traurig. So traurig-schön, dass man das Wort "melancholisch" für diesen Text extra hätte erfinden müssen.